Verwundbarkeit - Schwerpunktthema im Kirchenjahr 2019/2020
- Vulnerabilität -
Hinweis: Das jährliche Schwerpunktthema bietet zusätzliche Hintergrundinformationen zum Zusammenhang "Kirche, Christsein und Nachhaltigkeit". Die Predigtimpulse des jeweiligen Kirchenjahrs sind selbst nicht an das Schwerpunktthema gekoppelt.
Die
Nicht nur das meteorologische, auch das soziale Klima auf dem Planeten verändert sich. Freiheit und Menschenwürde sind ebenfalls verwundbar. Sie heilen nicht von allein. Freiheit und Menschenwürde brauchen eine gesunde Umwelt. Sie brauchen einen Kulturraum, in dem nicht mit brachialer (Wirtschafts-)Gewalt regiert wird und der nicht gewinnoptimiert blind durchstrukturiert wird. "Gesund" ist anders. Umkehr bedeutet nicht rückwärts, aber mit veränderter Einstellung voran!
Im aktuellen Kirchenjahr hat die weltweite Verbreitung des Corona-Virus die Verwundbarkeit menschlichen Lebens und von Wirtschaft, Arbeit und Wohlstand auf beeindruckende und beängstigende Weise aufgezeigt. Solidarität und das der Situation geschuldete Handeln rücken weitestgehend widerspruchslos in den Blick. Dennoch ist die Verwundbarkeit in den armen Ländern auch hier um ein Vielfaches höher. Das betrifft nicht nur die Gesundheit selbst, sondern auch die sozialen Absicherungssysteme beim Zusammenbruch der regionalen Märkte. Ein Bericht in der "FAZ" machte darauf aufmerksam, dass in Lateinamerika etwa die Hälfte der Beschäftigten "informell" arbeiten, also ohne einen Arbeitsvertrag. Besonders betroffen sei Venezuela, das unter dem taktischen Ölpreisdumping ohnehin massiv geschädigt ist.
Solidarität ist angesichts der aktuellen Situation in besonderem Ausmaß gefragt, wie "Brot für die Welt" eindringlich anmahnt. Im Tschad ist ein Arzt / eine Ärztin für 20.000 Menschen zuständig - das ist fast Nichts im Vergleich zu den Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland mit ca. 240 Menschen pro Arzt / Ärztin. Entsprechend dürftig ist im Vergleich die Ausstattung mit medizinischen Geräten. "Die Pandemie bedroht besonders Afrika, aus mehreren Gründen. Zuerst wegen des starken Flugverkehrs und der engen Handelsbeziehungen zu China und dem Rest der Welt. Dann haben die meisten afrikanischen Staaten ein schwaches Gesundheitssystem, zu wenig Laborkapazitäten, zu wenig Gesundheitspersonal und vor allem zu wenig Geld. Gerade die Armut bringt weitere Probleme mit sich. Bei mangelhaftem Zugang zu Wasser ist es unmöglich, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Menschen, die in Armut leben, sind außerdem oft mangelernährt, geschwächt und daher besonders anfällig für Krankheiten. Gleichzeitig sind sie medizinisch schlecht versorgt, weshalb schwere Krankheitsverläufe deutlich häufiger zum Tode führen können." (
Link zum Artikel).
Nicht zuletzt rückt beim Schwerpunktthema 2019/20 die Verwundbarkeit des eigenen Glaubens mit in den Blick. Wo früher Kirchen wie ein Bollwerk für christliche Werte standen, stehen viele Kirchen zunehmend leer und verunsichern die Gläubigen. Papst Franziskus schrieb im Juni 2019 einen Brief "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland". Er wies darin darauf hin, dass auch der Glaube verwundbar ist, wenn man nur in "Funktionen" und "effizienten Strukturen" denkt. Offensichtlich ist jede(r) Einzelne gerufen, die Wunden zur Kenntnis zu nehmen, unabhängig von der Konfession. Mit der Bewusstwerdung der Verwundbarkeit (ob Klimawandel, soziale Netzwerke und Hilfsstrukturen oder Corona-Pandemie) ist ein erster Schritt zur Versöhnung mit der Schöpfung erfolgt. Dann gilt es, aus dieser Erfahrung das Richtige zu lernen und mithilfe des Rufs des Gewissens auch den persönlichen Glauben wieder zu vertiefen.
Oder wie UN-Generalsekretär Guterres es am 31.03.20 in einer Video-Botschaft ausdrückte: Dinge angehen, die die Welt verwundbar machten / "We can go back to the world as it was before or deal decisively with those issues that make us all unnecessarily vulnerable to crises."
In den nachfolgenden Textboxen werden einzelne Gesichtspunkte des Schwerpunktthemas "Verwundbarkeit" exemplarisch vertieft.
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(letzte Aktualisierung: 7.09.2020) |