14.12.2025 – 3. Advent

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Lk 3, (1-2)3-14(15-17)18
(19-20)
Jes 35, 1-6a.10 Jak 5, 7-10 Mt 11, 2-11
© Felix L. Esser

Stellung im Kirchenjahr: Der dritte Adventssonntag trägt seinen Namen „Gaudete“ aufgrund des Eingangsverses der rk. Messfeier aus Phil 4,4, und thematisiert die Vorfreude auf den kommenden Herrn, der Mensch wird. Die Schriftlesungen fächern diese Vorfreude in verschiedenen Aspekten auf, sei es in Bezug auf geistliche Wegbereitung durch Umkehr und Neuanfang oder hinsichtlich von Genesung und Heilung an Körper und Geist, sei es im Einsatz gegen Armut und für Gerechtigkeit. Die verwendeten Bilder bieten dabei Anknüpfungspunkte zum weniger Tage zuvor begangenen Tag der Berge (10.12.) bzw. dem Tag der Menschenrechte (12.12.) oder auf das Worldwide Candle Lighting (siehe Kontexte), das an dem Sonntag selbst stattfindet.

Exegetische Anmerkungen

Lk 3,3-14.19: Angesichts der Auftretens Johannes des Täufers und seiner Hinweise auf Jesus, häufen sich Rückfragen von verschiedenen Gruppen an ihn, die sich in der Frage „Was sollen wir tun?“ bündeln. Sie erfolgen in Reaktion auf Johannes‘ sehr dringlichen Aufruf zu Umkehr und Neubeginn, der sich mit seiner Kritik im Allgemeinen an sozialen und religiösen Missständen und im Besonderen gegenüber den Mächtigen nicht zurückhält. Umkehr ist damit kein innerlicher Prozess, sondern muss sich in den Früchten erweisen. Nur dann werden Wege geebnet, Gräben aufgefüllt, Hügel und andere Hindernisse abgetragen.

Jes 35,1-6a.10: In dem wohl exilischen Einschub in die deutlich früheren Gerichtsworte von Jes 1-39 wird dem in Kap. 34 über Edom angekündigten Urteil in 35 ein fulminantes Freudenereignis und Heilsgeschehen gegenübergestellt. Der Text illustriert dieses Geschehen mit Bildern aus der Natur, spricht von Wüste und Steppe, die Gott nicht menschenfeindlich und unbewohnbar lässt, und Menschen, die durch sein Wirken Stärkung und Heilung erfahren. Dies alles mündet in Gottes Zusage einer ultimativen Hoffnungsperspektive, die Befreiung, auch Trauer und Leid, Heimkehr und nicht mehr gefährdete Gemeinschaft umfasst.

Jak 5,7-10: Die Mahnung zur Geduld, um die der Autor mit dem Vergleich zur sinnvollen Einstellung von Landwirten und dem Schicksal der Propheten wirbt, gewinnt seine soziale, ja politische Färbung durch die vorausgehenden VV. 1-5. Die Dringlichkeit teilt sich der Text mit den übrigen Schriftlesungen durch den Verweis auf das nahe bevorstehende Ende.

Mt 11,2-11: Wie in Lk 3 geht es um das Verhältnis Johannes – Jesus, aber in diesem Fall begegnet der Täufer selbst als Fragender. Dies eröffnet Jesus zum einen die Möglichkeit, seinem Vorläufer öffentlich die gebührende Wertschätzung entgegenzubringen sowie ihn in seiner Bedeutung für die ganze Heilgeschichte einzuordnen (und zugleich zu relativieren). Zum anderen ermöglicht ihm die Anfrage des Täufers eine tour d’horizon, worum es jetzt geht, nämlich dass allumfassende Heilung und Gerechtigkeit geschieht.

Predigtskizze

Ein guter Ausgangspunkt für die Predigt scheint mir die Person des Täufers zu sein, der einerseits ungeheuer und alle Welt beeindruckend selbstsicher auftritt, andererseits aber doch auch seine Zweifel hat, ob denn sein Verwandter als Nazaret wirklich der ist, den er erwartet und ankündigt (Je nach Konfession der Predigenden könnte die Schwerpunktsetzung hier vielleicht zwischen einem protestantisch sicheren Lk-Täufer und einem anglikanisch/römisch-katholisch zweifelnden Mt-Täufer erfolgen). Der Täufer jedenfalls hat den sicheren Blick dafür, was denn faul ist im Staate Dänemark, und zwar unabhängig von der Frage, ob es um das Volk als ganzes (Jes), die Reichen (Jak) oder die korrupte Oberschicht geht (Lk – Herodes).

Und auch jedenfalls ist es jetzt und dringlich an der Zeit, etwas zu ändern, was impliziert an der Wurzel der Probleme anzusetzen (Mt), damit nicht – um im Mt-Bild zu bleibe – , der Baum nicht nur keine guten Früchte vorzuweisen hat, sondern zugrunde geht bzw. geradezu zugrunde gehen muss. Der Neuanfang, zunächst theoretisch, dann notwendigerweise auch praktisch, kann also nur mit guter Analyse und notwendiger Einsicht erfolgen, die in Neubewertung, Umkehr und Neuausrichtung mündet.

Gottes Zusagen stehen, letztlich unabhängig von unserem Verhalten, aber so wie selbst der Täufer letzten Endes nur eine relativ kleine Nummer und zugleich entscheidend ist, ist es auch mit uns. Auch unser Denken, Reden und Tun, so bescheiden und mickrig es auch sei, ereignet sich und gewinnt seine Relevanz im Prozess des Heilsgeschehens, das alle und alles umfasst, alle und alles heilt, alle und alles ins rechte Lot bringen kann und wird.

Bezüge zur Nachhaltigkeit, Beispiele zur Umsetzung und weitere Kontexte 

  1. Lk 3, Jes 35, Jak 5 und Mt 11 sagen eine Zeit der Heilung in individueller und sozialer Hinsicht zu, die in Gottes Einsatz für Gerechtigkeit gründet, der als Appell an uns ergeht:

Die Zeit für die Heilung der Wunden ist gekommen. Der Augenblick ist gekommen, die Kluft, die uns trennt, zu überbrücken. Die Zeit des Aufbaus ist da. (…) Es soll Gerechtigkeit für alle geben. Es soll Frieden für alle geben. Es soll Arbeit, Brot, Wasser und Salz für alle geben. Lasst alle wissen, dass Körper, Geist und Seele eines jeden befreit worden sind, um sich zu verwirklichen.

Aus: Nelson Mandela, Rede bei der seiner Amtseinführung als südafrikanischer Präsident am 10. Mai 1994

 

  1. Das Bild in Jes 35, dass Verdorrtes wieder aufblüht, stellt sich der Erfahrung entgegen, dass die Klimakrise zu eklatantem Wassermangel und Dürren führt, die jeden Ansporn und viel Phantasie erfordert, daraus folgende gesellschaftliche Missstände zu bekämpfen:

Immer häufiger zwingen Dürren ist Ostfrika die Familienväter dazu, das Vieh in regenreichere Gebirge zu führen, wo es vor dem Verhungern und Verdursten zu retten. Zurück bleiben Frauen, Kinder und Alte, viele Mädchen müssen den Schulbesuch aufgeben, um für die Familie Wasser zu holen. Der Wassermangel führt zum Bildungsmangel.

Eine Lösung bieten große Wassertanks neben den Schulen, um in der kurzen, aber häufigen Regenzeit den Regen aufzufangen und für die Trockenzeit zu speichern. Die großen Dächer der Schulgebäude bieten sich dazu besonders an.

Der Verein Wasser für Kenia e.V.  mit Sitz in Wolfsburg errichtet über die ADS Eastern, die Entwicklungsorganisation der Anglikanischen Kirche in Kenia solche „roof catchments“ und dokumentiert auf den fertiggestellten Anlagen gern Logo und Namen der Partnerschule in Deutschland.

Mehr Infos unter : www.wasser-fuer-kenia.de

 

  1. Jes 35 und Mt 11 greifen die menschliche Sehnsucht nach gelingender Gemeinschaft und Heimat auf und sagen Trost im Leiden zu, gerade wenn der Tod das Leben durchkreuzt und uns voneinander trennen will:

Weltweit sterben etwa sieben Millionen Kinder pro Jahr noch vor ihrem sechsten Lebensjahr. Am Worldwide Candle Lighting Day, der 2025 auf den 14. Dezember fällt, gedenken weltweit Angehörige und Freunde ihrer verstorbenen Kinder, Schwestern, Brüder, Enkel und Enkelinnen. Ausgehend vom Engagement des anglikanischen Priesters und Krankenhausseelsorgers Simon Stephens Ende der 60er Jahre in Coventry entstand der Verein „Compassionate Friends", der jährlich zum Worldwide Candle Lighting einlädt.

Abends um 19 Uhr Ortszeit entzünden die Teilnehmenden für jedes verstorbene Kind eine Kerze und stellen die Kerzen von außen gut sichtbar an ein Fenster. Indem nach jeder weiteren Stunde in der nächsten Zeitzone die Kerzen entzündet werden, entsteht der Eindruck einer Lichterwelle, die unter dem Leitwort "Möge ihr Licht für immer scheinen" in 24 Stunden einmal um die ganze Erde wandert.

Mehr Infos unter: www.compassionatefriends.org

Dr. Joachim Feldes, Dannstadt-Schauernheim