| ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
| 1 Kor 15,(12-18) 19-28 |
Apg 10, 34a.37-43 | Kol 3, 1-4 od. 1 Kor 5, 6b-8 |
Joh 20, 1-18 |
Thema: Ostern als Inspiration für ökologische Hoffnung
Ostern ist eine Hoffnungsschule. Wir können lernen, widerständig zu hoffen – gegen Tod, Zerstörung und Resignation. Ostern heißt: Der Tod hat nicht das letzte Wort – und das gilt nicht nur den Menschen, sondern der gesamten Schöpfung.
Die Auferstehung Jesu ist der Aufbruch in eine neue Wirklichkeit, in der das Leben siegt.
Ostern ist das Fest des Lebens – eine unerschöpfliche Quelle der Hoffnung. Aus dieser Hoffnung erwächst ein neuer Blick auf unsere ökologische Verantwortung: nicht genährt aus Angst und Verzicht, sondern aus der erneuerten Kraft des Lebens, das wächst, blüht und sich verschenkt.
Korinther 15,20–28
„Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind (…) so werden in Christus alle lebendig gemacht werden (…) auf dass Gott sei alles in allem“ (Textauszüge)
„als Erstling“: Die Auferstehung als mitziehende Zukunftskraft
Christus ist der „Erstling“ der Auferstehung. Wie die erste Garbe auf die gesamte Ernte verweist, weist seine Auferstehung auf die Erneuerung allen Lebens hin. Ostern ist mehr als ein Rückblick – es ist ein Ausblick. Denn in der Auferstehung Christi hat die Zukunft Gottes bereits begonnen.
Der katholische Theologe Karl Rahner deutet die Gegenwart als „immer noch Karsamstag bis zum letzten Tag, der der Ostertag für den gesamten Kosmos sein wird“.[1]
Noch leben wir also im „Karsamstag der Geschichte“, doch die Zukunft hat in Jesus schon begonnen und wirkt in unserer Gegenwart hinein. Gerade in der Spannung zwischen „schon“ und „noch nicht“ entfaltet sich die Kraft der Auferstehung. Diese österliche Zukunftskraft zieht uns in eine Welt, in der Gottes Leben alles durchdringt.
Eine christlich fundierte ökologische Spiritualität lebt deshalb nicht aus schlechtem Gewissen, sondern aus österlicher Hoffnung. Die Auferstehung Jesu eröffnet den Blick darauf, was Gott seiner Schöpfung zusagt: Lebensfülle und Freiheit.
Die Auferstehung befreit deshalb aus Resignation
- weil sichtbar wird, dass das Leben Zukunft hat,
- weil wir glauben können, dass nichts vergeblich ist, was Leben schützt,
- weil wir hoffen, dass Gott alles neu macht.
„auf dass Gott sei alles in allem“: Die Auferstehung als inspirierender Weitwinkel
Wer Paulus genau liest, entdeckt hier Gottes Weitwinkel. Der evangelische Theologe Jürgen Moltmann sieht in eben jener Stelle aus dem 1. Korintherbrief die entscheidende Zukunftsverheißung von Ostern, die sich wie ein roter Faden durch sein theologisches Werk zieht: dass am Ende Gott „alles in allem“ (1 Kor 15,28) ist.[2] Für Moltmann eröffnet die Auferweckung Christi einen neuen Horizont, der nicht nur die Menschen, sondern das ganze Leben im Kosmos umfasst; nichts ist von Gottes heilsamem Handeln ausgeschlossen. An Ostern leuchtet die Hoffnung auf, dass neues Leben möglich ist, und zwar für alle Lebewesen. Hier liegt das Potenzial, unsere Perspektive erweitern zu erweitern: vom Ich zum Wir, vom Menschen zur Mitwelt, vom Glauben zur Verantwortung.
Johannes 20, 11-18
„Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. (…) Sie meinte, es sei der Gärtner (…) Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen.“ (Textauszüge)
Jesus, der Gärtner des Lebens
Dass Maria Magdalena Jesus für den Gärtner hält, wurde oft als Fehleinschätzung der Situation gedeutet. Doch vielleicht liegt in diesem vermeintlichen Irrtum eine tiefe Wahrheit. Vielleicht hat Maria für einen Moment dort am Grab ein Gespür dafür bekommen, wer Jesus wirklich ist: Jesus ist der Gärtner des Lebens. Er beugt sich hinab, gießt behutsam, gibt jeder Pflanze, was sie braucht. Jesus ist ein Gärtner, der die Ärmel hochkrempelt, der nährt und pflegt, schützt und Wachstum möglich macht.
Schon früh haben Künstler die Bedeutung dieser Verse im Johannesevangelium erkannt: Seit Jahrhunderten zeigen Künstler den auferstandenen Christus mit Spaten, zwischen Pflanzen und Gemüse, im Gespräch mit Maria. Man kann in der Bildersuche nach „Jesus the gardener“ suchen und findet dort Bilder von Dürer, Rembrandt, aber auch viele Versionen aus Asien. Eine moderne Ikone von Kelly Latimore zeigt Maria als PoC im Blumenbeet und Jesus, der am Boden kniet und mit seiner Hand die Erde berührt.[3] Auch der chinesische Künstler He Qi hat eine farbenfrohe Variante des Bildes geschaffen, die online zu finden ist.
Diese Szene steht in einer größeren biblischen Linie. Johannes berichtet ausdrücklich, dass Jesus in einem Garten begraben wurde (Joh 19,42). Nach Kreuz und Tod beginnt dort etwas Neues – die Auferstehung, eine neue Schöpfung. Und auch die Bibel beginnt nicht nur mit einem Garten, sie endet auch mit Bäumen, die am Strom des Lebens wachsen (Offenbarung 22,1–2). Der biblische Garten ist mehr als ein schöner Ort, er ist ein Bild des Lebens, der Wandlung, der Hoffnung. Er erzählt davon, dass Auferstehung nicht nur Menschen meint, sondern die ganze Schöpfung Gottes, eben alles, was atmet, wächst und blüht.
Der Auferstandene lädt uns ein, mit ihm zu gärtnern, mit schmutzigen Händen und hoffendem Herzen, im Vertrauen darauf, dass neues Leben wächst. Wo entdecken wir in unserem Leben blühende Gartenmoment mit Jesus? Wo tragen wir dazu bei, dass Leben sich entfaltet und Hoffnung Wurzeln schlägt?
Christoph Schmitt erinnert übrigens in seinem Beitrag zu Ez 22,23-31 am Buß- und Bettag 2022/23 schon einmal die Gärtner:innenexistenz der Menschen.[4]
Ökologische Praxis im Kontext von Ostern
Ökologische Spiritualität versteht sich als Teilhabe an Gottes kommender Welt. Jede nachhaltige Praxis ist ein Echo der Auferstehung, ein Vorgeschmack jener Welt, in der Gott alles in allem sein wird. Jede Tat der Bewahrung ist ein kleines „Schon jetzt“ im Angesicht des „Noch nicht“. Christliche Hoffnung will nicht nur glauben, sondern gestalten: ökologisch, solidarisch, schöpfungsbewahrend.
Vorschläge für die Osterpraxis
- Ostergarten und Nachhaltigkeit: Pflanzaktionen, Blühwiese statt Zierrasen, heimische Gehölze, Lebensräume für Insekten und Vögel, Gemeinschaftsgarten der Hoffnung …
- Solidarität an Ostern: Stärkung internationaler Partnerschaften mit Gemeinden in vom Klimawandel betroffenen Regionen durch Austausch, Gebet, Spendenaktionen oder gemeinsame Projekte. So wird Ostern zu einem Zeichen weltweiter Verbundenheit und Gerechtigkeit …
Sabine Hübner, Regionaler Dienst der Vereinten Evangelischen Mission (VEM)
Anmerkungen
[1] https://www.ncronline.org/opinion/guest-voices/ecological-approach-holy-week
[2] Matthias Remenyi, Alles in allem. Zum Gedenken an Jürgen Moltmann [7. Juni 2024], https://www.feinschwarz.net/gedenken-an-juergen-moltmann/
[3] https://kellylatimoreicons.com/en-de/products/mary-magdalene-and-christ-the-gardener
[4] https://nachhaltig-predigen.de/predigtanregungen-2022-23/buss-und-bettag/