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| 2 Chr 5,2-5(6-11)12-14 | Apg 6, 1-7 | 1 Petr 2, 4-9 | Joh 14, 1-12 |
2 Chr. 5,2-5(6-11)12-14: Die Lade des Bundes im Tempel
Im chronistischen Geschichtswerk spielt der Tempeldienst eine wichtige Rolle. Dieser wird auf David und Salomo zurückgeführt. In der auf den Gottesdienst im Tempel ausgerichteten Gemeinde sieht das nachexilische Geschichtswerk eine Form der Gottesherrschaft, in der nicht die davidischen Könige, sondern Israels Herr regiert. An wichtigen Stationen der Geschichte werden fröhliche kultische Dankfeste mit viel Musik gefeiert.
Der Bibeltext von 2. Chronik 5 passt zum Sonntag Kantate, denn es geht darum, Gott mit Musik und Lied zu loben. Wie alle miteinander in das grosse Loblied einstimmen, erfüllt eine dichte Wolke das Haus Gottes (Vers 13). Diese drückt die «Herrlichkeit des Herrn» (Vers 14) bildlich aus. Das bedeutet, dass dem gemeinsamen Loben und Danken die Gegenwart Gottes verheissen wird. Dies ist auch eine Hoffnung, denn der grosse Lobgesang kommt in der Vision vom Thron Gottes und des Lammes (vgl. Offb. 4 und 5) wieder vor.
Es ist eine tiefe, spirituelle Aussage, dass der vereinte Lobgesang zur Erfahrung von Gottes Nähe und Gegenwart führt. Menschen, die sich im Kampf für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung exponieren und einsetzen, brauchen solche Quellen der Kraft. Das gemeinsame Singen und Musizieren zum Lobe Gottes kann helfen, Kraft und Hoffnung für die nachhaltige Gestaltung der Welt zu schöpfen.
Apg. 6,1-7
Die Apostelgeschichte berichtet vom Wirken des erhöhten Herrn, der im Himmel weilt und auf Erden wirkt durch seine vom Geist bewegten Zeugen.
Im Blick auf das christliche Engagement in der Welt finden wir in Apg. 6,1-7 ein vielleicht idealisiertes Beispiel, wie ein Problem nachhaltig gelöst werden kann. Die Witwen der Hellenisten wurden vom Zwölferkreis, der aus Hebräern bestand, vernachlässigt. Damit stand die Urgemeinde vor einem Problem, für das Jesus von Nazareth keine Anweisungen gegeben hatte. Wie gingen die Verantwortlichen vor? Die zwölf Apostel, welche die Gemeinde leiteten, hörten die Klagen an und nahmen sie ernst. Dann hielten sie Rat und erarbeiteten einen Lösungsvorschlag. Dieser bestand darin, ein neues Siebener-Gremium aus Hellenisten zu schaffen, die für die hellenistischen Witwen sorgen sollten. Diesen Vorschlag trugen sie in der Versammlung vor, welche zustimmte. Danach wurde der Beschluss umgesetzt. Die Sieben wurden durch Handauflegung und Gebet in ihr Amt eingesetzt. So konnte ein neues Problem in der Gemeinde innovativ gelöst werden.
Für unsere Zeit hebe ich hervor, dass dieser Prozess vom Geist geleitet war. Das zeigt sich daran, dass Männer gesucht werden, die erfüllt waren von Glauben und heiligem Geist, und dass sie durch Gebet und Handauflegung eingesetzt werden. Durch diese Geste kommt zum Ausdruck, dass sie zur Erfüllung ihres Auftrages auf die Führung und die Kraft des Heiligen Geistes angewiesen sind. Auch das Anhören von Klagen und die sorgfältige, vernünftige Beratung braucht einen Geist der Weisheit, damit eine nachhaltige Lösung gefunden wird.
1 Petrus 2,4-9
Das Priestertum aller Gläubigen oder aller Getauften wird als Schlagwort im Zusammenhang mit der Kirchen- bzw. Gemeindeordnung verwendet. Es wird manchmal gegen die Gemeindeleitung gerichtet. Dabei wird gerne vergessen, dass Priester zu sein, eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Wenn alle Gläubigen Priester sind, sollte dieser Anspruch von allen, nicht nur von den «Profi-Christen», erfüllt werden. Das ist das eigentliche Anliegen dieses Abschnitts im Petrusbrief.
Ich möchte drei Aspekte des Priestertums aller Getauften hervorheben. Gott sprach: «Wenn ihr nun auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet von allen Völkern ihr mein Eigentum sein, denn mein ist die ganze Erde, ihr aber sollt mir ein Königreich von Priestern sein und ein heiliges Volk» (Exodus 19,5f). Ein Volk von Priestern zu sein, heisst, dass man verpflichtet ist, auf die Stimme Gottes zu hören und die Gebote zu halten. Also haben alle Christen gleichermassen die Verpflichtung, die Worte bzw. Gebote zu halten, die Jesus gelehrt hat.
Zweitens ist es die Aufgabe eines Priesters, die Verbindung und Gemeinschaft mit Gott herzustellen. Ein Priester tut dies, indem er am Altar ein Opfer darbringt; für Christen ist das Gebet das Opfer, das Gott wohlgefällt. Zum priesterlichen Dienst aller Gläubigen gehört darum das Gotteslob und die Fürbitte. Das Volk von Priestern soll in der Fürbitte an andere denken, sich ihre Not und Schuld zu Herzen gehen lassen und sie vor Gott bringen. So können sie wie Priester stellvertretend die Verbindung zu Gott wiederherstellen. Das kann auch in Friedensgebeten oder Mahnwachen vollzogen werden.
Zum Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit gehört der Dienst der Versöhnung. Ohne Versöhnung kann kein beständiger Friede geschlossen werden. Der priesterliche Aspekt dabei ist die Versöhnung mit Gott. Die Versöhnung mit Gott hängt mit der Versöhnung mit Feinden zusammen.
Drittens muss ein Priester sich reinigen, bevor er an den Altar tritt. Zum Priestertum aller Gläubigen gehört, dass man versucht, so gut wie möglich mit einem reinen Gewissen vor Gott zu treten. Die innere Reinigung ist eine wichtige Übung, um im Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit frei und handlungsfähig zu bleiben. Gehört dazu die Beichte oder allgemein die Arbeit an sich selbst? Gewiss gehört die Bitte um den Heiligen Geist, der unsere Herzen reinigt, dazu.
Johannes 14,1-12
Der Text steht in den Abschiedsreden. Die Passion Jesu wirft ihren Schatten voraus, und die Jünger bekommen Angst und ihre Herzen werden verwirrt. Da geht es darum, den Glauben zu sichern. In diesen Zusammenhang gehört der Schlüsselvers: «Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, es sei denn durch mich» (Joh. 14, 6).
Dieses Ich-bin-Wort Jesu wird gerne gebraucht, um zu belegen, dass nur das Christentum die wahre Religion ist. Daraus folgern manche, dass die anderen Religionen und Philosophien falsch seien und dass deren Anhänger bekehrt oder bekämpft werden müssten. Diese Überzeugung gefährdet jedoch den religiösen Frieden, auf den die pluralistische Gesellschaft angewiesen ist. Wie kann man den eigenen Glauben sichern und doch die anderen Religionen respektieren?
Ein Lösungsvorschlag ist, dass man betont, dass niemand zum Vater kommt, es sei denn durch Jesus. Der religiöse Weg, den Jesus lehrt, führt zum Glauben, dass Gott ein «Abba» ist, ein lieber Vater, dem man voll vertrauen kann. Meines Wissens führen die anderen Religionen nicht zum Gottesbild des «Abba», mithin nicht zum innigen Vertrauensverhältnis zu «unserem Vater im Himmel». Auf diese Weise kann man Johannes 14,6 voll zustimmen und sich der eigenen, christlichen Religion vergewissern. Zugleich kann man die anderen Religionen und Glaubenshaltungen respektieren, denn sie wollen auf ihre Weise zu Gott führen, den sie anders nennen und beschreiben.
Arnold Steiner, Wildberg