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| Joh 14,1-6 | Num 6, 22-27 | Gal 4, 4-7 | Lk 2, 16-21 |
Joh 14,1-6: Jesus Christus – Weg, Wahrheit, Leben
- Exegetische Hinweise und theologische Impulse
Unser Predigttext gehört zu den sog. Abschiedsreden Jesu, die der Evangelist komponiert und in den Kontext des letzten Abendmahls gesetzt hat. Jesus wendet sich darin an seine Jünger – und Jüngerinnen dürfen wir annehmen – und stimmt sie auf seinen „Weggang“ ein, d.h. seinen bevorstehenden Tod am Kreuz. Was der Evangelist schreibt, richtet sich aber an die Mitglieder seiner Gemeinde, die lange nach Jesu Tod und Auferstehung um ihren Glauben und eine christliche Existenz ringt. Sie sind die Angesprochenen, die leben nach dem „Weggang“ und verstehen müssen.
Auf den ersten Blick richtet sich der Text ganz auf die Zukunft hin aus, die mit dem Bild von den vielen Wohnungen im Haus des Vaters gekennzeichnet ist, die Jesus für seine Jünger bereiten wird. Er wird wiederkommen und sie dahin mitnehmen. Es scheint hier um eine Hoffnung zu gehen, die ganz auf den „Jüngsten Tag“, auf das Jenseits ausgerichtet ist. Aber was ist mit der Gegenwart? Da ist das erste Wort: „Euer Herz erschrecke nicht!“ Habt keine Angst. Fürchtet euch nicht! Habt Mut!
Und der Blick auf die Wohnungen, die doch noch fern sind, schenkt eine Hoffnung über den Tag hinaus, aber eben auch schon für diesen Tag selbst. Und er schenkt eine schützenden Geborgenheit in der Sphäre des Vaters, in der der Auferstandene selbst lebt: Ich werde wiederkommen und euch dahin mitnehmen. Das heißt auch: Ihr bleibt behütet und bewahrt bis zu diesem Augenblick. In diesen Sätzen steckt eine Ermutigung für heute, Ermutigung zum Handeln, die in der einzigartigen Geborgenheit in Gott gründet, die nicht genommen wird, auch wenn ich mein Leben drangebe.
Und dann der Vers 6: Er sagt das Entscheidende für eine Jüngerexistenz in der Gegenwart: Christus ist alles! Er ist der Weg, er zeigt mir, wohin ich gehen, wie ich handeln soll. Er ist die Wahrheit, die Wahrheit in Person! Er ist die a-lētheia, die Un-Verborgenheit, er bringt die Wahrheit ans Licht, die Wahrheit, die ist und bleibt, die Wahrheit über Gott, Welt und Mensch. Wir sind auf die Wahrheit verpflichtet, darauf, die Wirklichkeit unserer Existenz, unseres Lebens zu erkennen, zu bekennen und zu leben. Nur wenn wir den Weg mit der Wahrheit gehen, werden wir das Leben haben, das Leben in Gott, aber auch das Leben in dieser Welt.
Wenn Jesus die Jünger auffordert: „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ richtet er nicht nur einen Appell an sie, sondern sagt ihnen die erforderliche Standhaftigkeit zu, Standhaftigkeit im „Erschrecken“, Rückgrat und Beistand im Festhalten an der Wahrheit, im Glauben an Jesus Christus. Was der Evangelist hier den Jüngern zusagt, gilt aber auch für uns heute. Wir sind gemeint! Der Glaube macht standhaft! Und der Glaube öffnet die Augen! Die Jünger haben dies an Ostern erfahren. Sie sehen den auferstandenen Christus, weil er lebt und weil sie glauben. Sie werden bezeugen: Wir haben ihn „gesehen“. Und ihr Zeugnis ist „wahr“. Von diesem Zeugnis leben wir Christen.
- Nachhaltigkeitsaspekte
Johannes verbindet Weg, Wahrheit und Leben. Es ist ständige Aufgabe des Christen, die Wahrheit neu – Tag für Tag – zu suchen und zu finden, sie zu ergreifen, zu bewahren und zu verkünden. Das meint natürlich Jesus Christus. Aber auch jegliche Wahrheit über unsere konkrete Existenz, unseren Alltag, die Lebensbedingungen auf diesem Planeten und, und, und ... „Was ist Wahrheit?“ (Joh 18,38) Die Pilatus-Frage ist ständige Aufgabe, womöglich auch die Frage schlechthin, wenn es um das Überleben unserer Spezies auf diesem Planeten geht. Im Blick auf die Herrschaft der Lüge im öffentlichen Raum, auf die wachsende Gewissenlosigkeit und Schamlosigkeit, mit der gelogen wird, mit fatalen Folgen für Millionen von Menschen, müssen die Kirchen Räume der Wahrheit werden, Christen zur Wahrheit ermutigen, ob gelegen oder ungelegen, mit Standhaftigkeit und Rückgrat. Der amerikanische Papst Leo XIV. geht – wie sein Vorgänger Franziskus – mit gutem Beispiel voran, in dem er den Mächtigen – auch unter den Kirchenfürsten – die Leviten liest und sie zur Wahrheit verpflichtet. Wir Gläubigen in unserer kleinen Welt müssen den Mut haben, in Diskussionen in unseren Familien, mit Freunden und Nachbarn zu bestehen und sine ira et studio auf die Fakten hinzuweisen. Faktencheck ist heute dringend erforderlich. Was da in den sog. sozialen Medien behauptet wird, stimmt das überhaupt? Aus welchen Quellen informierst du dich? Sind sie nachweislich(!) seriös oder ein Sammelsurium von Querdenker- und Verschwörungsmythen, sprich: von Lügen?
„Du sollst nicht lügen!“ Wie aktuell doch die Zehn Gebote sind. Lügen haben verschiedene Gesichter: die offensichtliche Lüge oder die verborgene Lüge. Sowohl Politiker als auch Medien verschweigen gerne Fakten. Da muss man sie stellen, in öffentlichen Dialogen oder mit Leserbriefen. Es ist gut, wenn dies Organisationen tun, zum Beispiel NGOs, die sogar schon in unserem Land von Seiten der Politik – denn sie sind unbequem wie alle Wahrheit - unter Druck geraten sind.
Gerade heute, zwei Tage nach dem Bergsturz im Lötschental / Schweiz, weiteren Unwettern weltweit, dem trockensten Frühling seit den Wetteraufzeichnungen, der nachweislich weiter steigenden Erwärmung unseres Planeten, dem immer schneller erfolgenden Abschmelzen der Gletscher und des Polareises wirkt die Behauptung des amerikanischen Präsidenten, dass der Klimawandel eine von Linken und Kommunisten erfundene Lüge sei, grotesk. Die Folgen seiner Politik: „Drill, drill, drill“, das Fördern und Verbrennen fossiler Brennstoffe ohne Rücksicht auf Natur- und Lebensräume, schockiert.
Eine andere Form der Lüge ist die Verschiebung von Prioritäten. Obwohl täglich die Auswirkungen des Klimawandels sichtbarer werden, nimmt man den Kampf gegen die Treibhausgasemissionen als wichtigste Aufgabe zurück und setzt dafür an erster Stelle die Förderung der Wirtschaft: Mehr Wachstum, nicht weniger, heißt die Botschaft. Wieviel ist endlich genug? Das die Wirtschaft angeblich knebelnde Lieferkettengesetz soll entschärft werden, damit auch der Kampf gegen Sklaven- und Kinderarbeit. Die Wirtschaft muss brummen, der Exportweltmeister Deutschland darf nicht zurückfallen.
Angesichts des Grauens der Kriege in der Ukraine, in Gaza, Sudan und Kongo, des erzwungenen Aufrüstens der europäischen Staaten, der Zerstörung der Gewaltenteilung in den USA und anderen Ländern des Westens, des wachsenden politischen Gewichts rechtsextremer nationalistischer Parteien in Europa, auch in Deutschland, könnte man resignieren und in Pessimismus verfallen. Johannes kann uns dagegen imprägnieren: „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Als Glaubende können wir standhaft bleiben im Wissen darum, dass der, den wir als den Weg, die Wahrheit und das Leben bekennen, mit uns geht, den Weg weist und uns den Rücken im Kampf für das Leben stärkt.
Num 6,22-27: Gottes Segen befreit mich zum Tun seines Schaloms
- Exegetische Hinweise und theologische Impulse
Der sog. Aaronsegen ist ein dreifacher Segen, der jeweils eingeleitet wird mit dem Namen Gottes, dem Tetragramm יהוה = JHWH. Der dreimal angerufene Name Gottes umgibt den Gesegneten mit der schützenden Sphäre Gottes. Der Segen beinhaltet insgesamt sechs Segenswünsche. Die Segensformel wird auch im christlichen Raum bei Gebeten und gottesdienstlichen Feiern vielfach verwendet.
Im Segen Gottes wird die Fülle des Lebens zugesprochen. Gott ist Urheber und Bewahrer gelingenden Lebens. Er schützt den Gesegneten vor allen Gefahren, vor Krankheit, Armut, sozialer Not und anderen Minderungen des Lebens. Im Bild des leuchtenden Antlitzes Gottes ist die dem Menschen zugewandte göttliche Präsenz wirkmächtig und spürbar zugesagt. Der Gesegnete wird in die heilvolle göttliche Wirklichkeit hineingenommen. Gott handelt im Segen, er wendet sich mit seinem Erbarmen dem Menschen zu. Das Wort Barmherzigkeit leitet sich im Hebräischen von רַחֲמִים = rachamim her und bedeutet Mutterschoß. Es ist ein Bild für Gott, den Ursprung und Hervorbringer allen Lebens und für seine grenzenlose Zuneigung zu seiner Schöpfung. Er liebt seine Menschen wie eine Mutter. Jesaia sagt das in einem Bild: „Kann denn eine Frau ihren Säugling vergessen, ohne Erbarmen mit dem Kind ihres Leibes sein? Selbst wenn diese es vergessen würde: ich vergesse dich nicht“ (Jes 49,15). Der auferlegte Segen gewährt schließlich den göttlichen Schalom, das große und wunderbare Geschenk Gottes an seinen Menschen (vgl. Lk 2,14), einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann (vgl. Joh 14,27). Der Schalom umfasst leibliches und seelisches Wohlergehen, Intaktheit der eigenen Person, seiner sozialen wie auch materiellen Umwelt. Er ist der umfassende Frieden Gottes, Heil, Unversehrtheit, Vitalität, Kreativität, Liebe, Freude und Glück sind hier zugesichert. Wenn ich einen Menschen mit den Worten des Aaronsegens segne, was kann ich ihm mehr wünschen?
- Nachhaltigkeitsaspekte
Der göttliche Segen ist kein passives Geschehen: Gott segnet mich und alles wird gut. Gottes Segen bewirkt in mir etwas, er setzt mich in Gang, ich werde aktiv, ein Handelnder, der das tut, was der Segen vollbringt: heilvoller Schalom. Wir müssen ihn selber tun, dafür sind wir Gesegnete: Wir engagieren uns für den Schalom in Natur und Schöpfung, für ein gelingendes, fruchtbares und blühendes Leben auf dieser Erde, für den Schalom mit mir selbst, mit allem, was lebt, und mit den Menschen. Und das geht, weil Gott seinen Frieden mit uns gemacht hat.
Gal 4,4-7: Nicht Sklave, sondern Sohn und Erbe
- Exegetische Hinweise und theologische Impulse
Ein „kleines Weihnachtsevangelium“ haben wir in diesem authentischen Paulusbrief vor uns: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn …“. Dies geschieht, um die freizukaufen, die unter dem Gesetz stehen. Paulus sieht das Gesetz als Hüter und Erzieher „bis der Glaube offenbar werden sollte.“ (Gal 3,23) Das Gesetz ist für ihn „Erzieher auf Christus hin“ (Gen 3,24). Mit dem Glauben an Jesus Christus verliert es für ihn aber seine Funktion. Mit der Taufe sind wir Erwachsene im Glauben geworden, die keinen „Erzieher“ mehr brauchen. In der Taufe werden wir zu Söhnen und Töchtern Gottes und in uns ruft der Geist des Sohnes zu Gott: „Abba, Vater.“ Mit der Annahme des Glaubens an Jesus Christus sind wir für Paulus der Sklaverei der Sünde und des Todes entronnen und in den Stand der Freiheit der Kinder Gottes berufen. Wir sind nicht mehr Sklaven, sondern Söhne und Töchter, damit auch Erben, Erben durch Gott.
- Nachhaltigkeitsaspekte
In Jesus Christus sind wir zum Dasein in der Freiheit Gottes befreit. Der Sonntag wird für die christliche Gemeinde zur „Feier des befreiten Daseins“ (Alfons Deissler). Die diskriminierenden Unterschiede zwischen den Menschen werden aufgehoben. Die Taufe ist Ort der Befreiung. Es gibt nur noch die gleiche Würde der Söhne und Töchter, nur noch eine Menschenwürde. So heißt es bei Paulus: „Denn alle seid ihr durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. Wenn ihr aber Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben gemäß der Verheißung.“ (Gal 3,26-29) In der Kirche gibt es keine Ausländer. Sicher, der Heilige Geist hat noch viel zu tun, die Gleichberechtigung von Mann und Frau wird aber kommen.
Sklavesein ist nicht die Existenzweise eines Bruders und einer Schwester des Heilandes Jesus Christus. Das beinhaltet aber auch einen Auftrag, nämlich für die Freiheit, die Menschenwürde und Menschenrechte anderer Menschen, denen sie vorenthalten sind, einzustehen und zu kämpfen. Und zur Freiheit und Würde eines Menschen gehört auch sein Lebensraum, eine zum Leben befreite Umwelt und Natur, eine blühende Pflanzenwelt und die Vielfalt allen tierischen Lebens. Das hat auch was mit Schönheit zu tun, Schönheit der Welt, Schönheit des Lebens. Das ist Kultur, das ist Lebensqualität. 13,6 Milliarden Jahre hat das Universum gebraucht, um die Voraussetzungen für das Leben auf diesem Planeten zu schaffen. Staunen und Wertschätzung, Offenhalten und achtsamer Schutz dieses Wunders sind Haltungen und Aufgabe eines Gottesmenschen.
Unser Text betont das Judesein Jesu: „geboren von einer (jüdischen) Frau und dem (jüdischen) Gesetz unterstellt“. Jesus war Jude, achtete und hielt das göttliche Gesetz, starb als Jude. Seine Mutter Maria – Mirjam – war ein gläubige jüdische Frau. Das könnte ein Anknüpfungspunkt sein, das Thema des wachsenden Antisemitismus aufzugreifen, auch seine Wurzeln im christlichen Antijudaismus, der sich schon im Neuen Testament artikuliert.
Ein anderes Thema wäre Sklavenarbeit, Kinderarbeit, Ausbeutung in seinen vielfältigen Formen bei gleichzeitigem Schutz der Superreichen und ihres unermesslichen Reichtums. Etwas kleiner ginge es aber auch: Aufdeckung der Lüge: „Leistung muss sich wieder lohnen!“ und „Die Deutschen sind faul!“ Seichte Begründungen für die Entlastung reicher Besitztümer bei gleichzeitigem Rückbau des Sozialstaates zu Lasten der Armen. Was ist mit dem wachsenden Rechtsextremismus, einem Menschen ausgrenzenden Nationalismus? Was mit dem Recht auf einen menschenwürdigen Lebensort? Wie lösen wir die Frage der Migration? Alle Menschen sind doch gleich … Oder?
Lk 2,16-21: Maria – Staunen, bewahren, meditieren
- Exegetische Hinweise und theologische Impulse
Hörten wir im Galaterbrief das „kleine Weihnachtsevangelium“, sind wir jetzt im „großen“ des Lukas. Staunen, Freude, mit dem Herzen glauben und mit der Zunge Gott preisen – alles finden wir in diesen wenigen Versen. Wirklich „Frohe Botschaft“. Und die ist zuverlässig: Die Hirten preisen Gott „für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.“ Auf Gottes Wort kann man bauen. Alle staunen, die Hirten, Josef und Maria, alle, die bei ihnen waren, über das, was die Hirten erzählten: Engelserscheinung, die Botschaft von der Geburt eines Retters, des Messias. Er ist Kyrios – Herr, ein Titel, der für Gott vorbehalten ist: Gott allein ist Kyrios! Und die Hirten sprechen von dem großen Geschenk Gottes an die Menschen „seines Wohlgefallens“ (Lk 2,14): seinem Frieden, seinem Schalom. Das ist Verheißung, aber alle sind von ihm erfüllt. Die Verheißung der Engel ist bereits Wirklichkeit geworden: Der Retter ist da und mit ihm der Frieden Gottes.
Inmitten der Erzählung steht die Mutter mit ihrem neugeborenen Kind: Maria, die ich mir als sehr junge Frau vorstelle. Sie weiß aber mehr als die anderen. Sie weiß um die Botschaft des Erzengel Gabriels und sie hat bereits ihr Magnificat gesungen. Und dennoch staunt auch sie über das, was die Hirten erzählen: Ihr Sohn ist der Erwartete, der Retter Israels, der Messias, der Gesalbte Gottes. Sie bewahrt diese Worte und „bewegt sie in ihrem Herzen“, d.h. sie meditiert sie, denkt über sie nach, nimmt sie mit auf ihrem Lebensweg mit ihrem Sohn. Sie ist die erste Theologin, die über das Geheimnis des Christus nachdenkt. So wie später auch eine Frau, Maria Magdalena, die Erste sein wird, die den Auferstandenen „sehen“ wird. Vielleicht sind Frauen die besseren Theologen? Nichts gegen Paulus, Augustinus und Thomas von Aquin, aber Maria als Patronin der Theologen – und Theologinnen! – hielte ich für eine gute Wahl. Zumal sie Theologie nicht so sehr als Projekt der Vernunft, sondern als Angelegenheit des Herzens betreibt.
Maria ist eine Staunende. Hier können wir fragen: Ist uns das Staunen verloren gegangen? Ist das Staunen nicht eine Conditio sine qua non des Glaubens? Wenn wir nicht mehr staunen, wie können wir denn zum Glauben finden? Und zur Freude der Frohen Botschaft und zum Lobpreis der Engel? So wie die Hirten, so wie Maria, die Gottesmutter, sicher auch ihr Mann Josef und – Maria Magdalena?
Unser Text endet mit der Beschneidung und Namensgebung Jesu. Jesus ist Jude, geboren von einer jüdischen Mutter. Er tritt mit der Beschneidung ein in den Bund Jahwehs mit seinem erwählten Volk Israel. Sein Name ist aus göttlicher Vorherbestimmung, er ist die Zusammenfassung der Weihnachtsbotschaft: Gott rettet. Und er setzt uns, sofern wir staunen, wie die Hirten, in Bewegung.
- Nachhaltigkeitsaspekte
Das Staunenkönnen ist wichtiger Nachhaltigkeitsaspekt. Wenn wir nicht Staunen über das Leben, seine unglaubliche Fülle, seine Schönheit, Buntheit und Vielfalt, seine Vitalität und Kreativität, wie wollen wir es wertschätzen, achten, schützen, bewahren, Räume zu seiner Entfaltung und Entwicklung schaffen? Sind wir nicht auf dem Weg, sogar die Existenz des Lebens auf diesem Planeten zu vernichten? Und meine eigene Existenz ist doch ein Wunder! Wie gehe ich mit mir selber um? Betrachte ich mich als das große Wunder meines Lebens? Und wie achte ich den anderen, den Mitmenschen? „Der Andere ist wie Du!“ (Martin Buber) Wie können wir ohne das Staunen den Frieden Gottes mit seiner Schöpfung und seinen Menschen wollen und begründen, ihn mit allen Menschen teilen und wirklich werden lassen? Denn das müssen wir tun, die vom Geist Gottes Berührten und Erfüllten. Und wie steht es um die Wertschätzung, die Achtung der Frauen, sehr geehrte Herren Männer? Es liegt doch an uns, die Gleichstellung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft – und in der Kirche – zu wollen und durchzusetzen. Die Achtung der Würde der Frauen wäre ein guter Anfang. Die Gottesmutter Maria zu ehren, ist gut. Alle Frauen sind ihre Schwestern.
Thomas Bettinger, Bistum Speyer
Quellen:
- Texte der Lutherbibel 2017: https://www.bibleserver.com/
- Stuttgarter Altes und Neues Testament, Kommentierte Studienausgabe der Einheitsübersetzung 2016, Kath. Bibelwerk, Stuttgart 2017
- Neue Jerusalemer Bibel. Neu bearbeitete und erweiterte Ausgabe, hrsg. von Alfons Deissler und Anton Vögtle in Verbindung mit Johannes Nützel, Freiburg 1985