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| Jes 35, 3-10 | Bar 5, 1-9 | Phil 1, 4-6.8-11 | Lk 3, 1-6 |
EKD â Text Jesaja 35,1-10
Kurze Texteinordnung:
Der Name des Propheten Jesaja ist Programm: Jeschajahu = âGott hat Rettung/Heil gebrachtâ, was sich in dem Buch Jesaja wie in einem Drama ĂŒber 7 Akte zieht. Seit Jahren sieht man in der Bibelwissenschaft die frĂŒhere Dreiteilung des Buches, die jedes Teil einem anderen Autor (Protojesaja, Deuterojesaja, Tritojesaja) zuordnet, als fragwĂŒrdig an. Vielmehr wird von einem Verfasserkollektiv ausgegangen, in welchem Schriftkundige die einzelnen Kapitel sorgfĂ€ltig komponiert haben.
Der fĂŒr diesen Adventssonntag ausgewĂ€hlte Textausschnitt gehört zum 3.Akt, der die Kapitel 28 â 35 umfasst, und den Fokus auf den göttlichen König und die Zionsgemeinde legt.
Hier beschreibt Jesaja eine Vision von einer WĂŒste, die sich in eine blĂŒhende Landschaft verwandelt, durchtrĂ€nkt von frischem Wasser, lebensspendend fĂŒr Mensch und Tier, frei von jeglicher Bedrohung und Gefahr.
Impuls: The Green Belt Movement
Diese Initiative zeigt, wie mĂ€chtig Visionen sein können, und dabei wortwörtlich WĂŒsten in blĂŒhende, grĂŒne Landschaften verwandeln.
âWenn wir BĂ€ume pflanzen, setzen wir Samen des Friedens und der Hoffnung.â Diese Worte stammen von Professor Dr. Wangari Maathai, der 1977 die Initiative âThe Green Belt Movement (GBM)â in Kenya ins Leben gerufen hat. Der National Council of Women of Kenya (NCWK) hatte zuvor immer wieder auf die sich verschlechternden Lebensbedingungen auf dem Land aufmerksam gemacht. Die Böden trockneten aus, FlĂŒsse versiegten, die Wege, um Feuerholz zum Kochen zu finden, wurden immer lĂ€nger und die Not wuchs. Die GBM ermutigte die Frauen, Setzlinge zu ziehen, die den Boden binden, Regenwasser zurĂŒckhalten und wieder Nahrung und Feuerholz liefern, so dass sie auf diese Weise sogar eine eigene Einnahmequelle generieren können. Die Initiative wuchs und gleichzeitig ermutigte sie Menschen, sich aktiv fĂŒr den Schutz ihrer Umwelt einzusetzen, fĂŒr eine dauerhafte Nachhaltigkeit einzutreten.
Aus diesen kleinen Samen erwuchs die groĂe Idee einer Great Green Wall (GGW), einer groĂen grĂŒnen Mauer, die den afrikanischen Kontinent ĂŒber eine LĂ€nge von 8000 km und einer Breite von 15 km entlang der Sahara- und Sahelzone wie einen grĂŒnen Korridor durchzieht. Bis 2030 hoffen alle beteiligten Staaten eine FlĂ€che von 100 Mio. Hektar Wald aufgeforstet zu haben, wodurch nicht nur die WĂŒstenbildung bekĂ€mpft wird, sondern auch die Auswirkungen des Klimawandels abgemildert werden können. Dazu braucht es viel diplomatisches Geschick und Tausende von Menschen, die ĂŒber die LĂ€ndergrenzen hinweg an dieser gemeinsamen Vision arbeiten und mit ihrer Hoffnung andere motivieren, sei es tatkrĂ€ftig oder finanziell zu unterstĂŒtzen.

Folgende Bilder stammen aus Afrika/2022 â Bildrechte Karin MĂŒller-Bauer:


Katholische Leseordnung Lesejahr C
1. Lesung: Baruch 5,1-9
Kurze Texteinordnung:
Das Buch Baruch (hebr.: gesegnet) ist nur auf Griechisch ĂŒberliefert und gehört zu den von Martin Luther bezeichneten Apokryphen, im katholischen Bibelkanon wird es als deuterokanonisch bezeichnet.
Baruch stellt eine Art BrĂŒckenbau zwischen Ost, der babylonischen Diaspora, und West, dem Mutterland, der Jerusalemer Gemeinde, dar. Dabei kommt der Weisheit Gottes die Rolle der Wegweiserin zu, die in der Tora zu den Menschen in Ost und West spricht. Die Zuversicht auf RĂŒckkehr nach der Zerstörung und die VerheiĂung auf neues Leben findet in den duftenden BĂ€umen (Vers 8) seinen Ausdruck. Zeit ist vergangen, denn aus den BĂ€umen wurden WĂ€lder und sie sind so groĂ, dass sie Schatten spenden können und wohlriechenden Duft verströmen.
Im Kapitel 4 wird Jerusalem mit einer trauernden Witwe verglichen, die um den Verlust Ihrer Kinder im Exil trauert. Gleichzeitig taucht auch der Titel Mutter Jerusalem auf, deren Mutterrolle selbst die in Babylonien lebenden JudĂ€er*innen umfasst. Vgl. 4,16, worin steht, dass die Kinder der Frau Jerusalem âSöhne und Töchterâ sind.
Kapitel 5, die hier ausgewĂ€hlte Textstelle, kĂŒndet vom nahen Ende der Trauer und Witwenschaft, da Gottes Zusage sich erfĂŒllt, alle heimzufĂŒhren.
Impuls:
Mit der Verbindung beider Kapitel, die ich hier empfehle, möchte ich eine aktuelle Parallele zu der Situation in Israel und Gaza ziehen, die seit dem 07.10.2023 durch den brutalen Angriff der Hamas die Welt der Israel*innen und PalĂ€stinenser*innen aus den Angeln gehoben hat. Zu dem Bild der trauernden Mutter Jerusalem stelle ich Tausende Bilder der trauernden MĂŒtter (VĂ€ter, Kinder, GroĂeltern, Freund*innen, u.v.m) in Israel und Gaza hinzu.
Seit vielen Jahren gibt es sowohl in Israel als auch in PalĂ€stina Frauen und MĂŒtter, die sich mit groĂen ProtestmĂ€rschen und kreativen Projekten fĂŒr eine VerstĂ€ndigung zwischen Israel und PalĂ€stina einsetzen. Die israelische Bewegung heiĂt Woman wage peace (WWP) Women Wage Peace - Women Wage Peace und die palĂ€stinensische Fraueninitiative nennt sich Woman oft the sun (WOS) Women of the Sun (movement) - Wikipedia.
Noch am 04.10.2023 haben beide Gruppierungen mit Hunderten von Frauen an der Grenze zu Gaza fĂŒr Frieden und VerstĂ€ndigung demonstriert. Bei dem Ăberfall wurde eine der GrĂŒnderinnen der israelischen Frauengruppe von der Hamas ermordet. Dennoch haben sich beide Fraueninitiativen noch enger zusammengeschlossen und treten wie mit einer Stimme fĂŒr die Freilassung der Geiseln und das Ende der Gewalt in Gaza ein sowie fĂŒr einen Frieden zwischen Israel und PalĂ€stina, an dem generell viel mehr Frauen aktiv beteiligt werden wollen.
In diesen Initiativen, die den Weg ebnen zu einem friedlichen Zusammenleben bzw. Koexistieren, wird die Weisheit Gottes spĂŒrbar. Dies wird auch auf der internationalen Ebene erkannt:
Im MĂ€rz 2024 wurden Dr.Yael Admi, die Vertreterin der israelischen Initiative Women wage peace, und Reem Hajajra, die Vertreterin der palĂ€stinensischem Initiative Woman of the sun in Los Angelos zu den 12 einflussreichsten Frauen der Welt ernannt. Eine Nominierung fĂŒr den Internationalen Friedenspreis steht an.
2. Lesung: Phil 1, 4-6.8-11
Kurze Texteinordnung:
In diesem Textausschnitt fehlen entscheidende Verse, wie die Anfangsverse 1 -3, die den Absender und Adressaten des Briefes benennen verbunden mit einer SegensgruĂformel:
1 Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, mit ihren Vorstehern und Helfern.[1]â2Â Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! 3Â Ich danke meinem Gott jedes Mal, sooft ich eurer gedenke
Die zweite Stelle, die ausgelassen wird, enthĂ€lt den Vers 7, der einen wichtigen Hinweis gibt auf den Ort, wo sich Paulus befindet â im GefĂ€ngnis.
7 Es ist nur recht, dass ich so ĂŒber euch alle denke, weil ich euch ins Herz geschlossen habe. Denn ihr alle habt Anteil an der Gnade, die mir durch meine Gefangenschaft und die Verteidigung und BekrĂ€ftigung des Evangeliums gewĂ€hrt ist.â
Impuls:
Hier bietet sich eine Parallele zu einem berĂŒhmten HĂ€ftling an, der fĂŒr eine groĂe Gruppe von Menschen in Russland und vielleicht sogar in der ganzen Welt zu einem Symbol des Widerstands und des Eintretens fĂŒr Gerechtigkeit und Menschlichkeit geworden ist.â
Aus dem GefĂ€ngnis heraus sendet er Worte der Ermutigung, ruft zum Widerstand auf, lĂ€sst sich nicht brechen und muss dafĂŒr mit seinem Leben bezahlen: Alexei Anatolyevich Navalny. Vielleicht wird seine Botschaft irgendwann eine Ă€hnliche Sprengkraft entwickeln wie die christliche Botschaft der Auferstehung.
Evangelium: Lk 3,1-6/ evtl. ergÀnzt um 7 - 10
Kurze Texteinordnung:
In diesem Lukaskapitel wird das erste Auftreten von Johannes beschrieben, dem Rufer in der WĂŒste.
Ăhnlich wie beim 1.Lesungstext wĂŒrde ich die ErgĂ€nzung der Textstelle um die Verse 7 -10 empfehlen, die wichtige und wortgewaltige SĂ€tze enthalten, die zu einer radikalen Umkehr aufrufen und mit der Frage enden: Was sollen wir also tun? Eine Frage, die gerade in der adventlichen Fastenzeit auf dem Weg zur Menschwerdung zur Begleitmusik im Alltag werden könnte.
7 Da sagte er zu den Volksscharen, die hinauszogen, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt?â8 Bringt FrĂŒchte hervor, die eure Umkehr zeigen, und fangt nicht an, bei euch zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater! Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken.â9 Schon ist die Axt an die Wurzel der BĂ€ume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.â10 Da fragten ihn die Scharen: Was sollen wir also tun?
Impuls:
Ein inspirierendes Beispiel fĂŒr eine mögliche Antwort auf die Frage im Evangelium âWas sollen wir tun?â findet sich unter folgendem Link:
SAVE THE WORLD â SAVE THE WORLD â FROM EMPATHY TO ACTION
2014 initiierten Nicola Bramkamp, Kuratorin, Dramaturgin, Schauspieldirektorin und Andrea Tietz, Kuratorin, Produzentin und Dozentin an der Hochschule fĂŒr Musik und Theater Hamburg das Format SAVE THE WORLD in Bonn. In enger Zusammenarbeit mit Expert*innen von Wissenschaftseinrichtungen, Forschungszentren, Nichtregierungsorganisationen und den Vereinten Nationen sowie KĂŒnstler*innen aller Genres entstehen innovative Formate zur Wissensvermittlung globaler Zukunftsthemen sowohl fĂŒr ein Fachpublikum als auch fĂŒr eine breite Ăffentlichkeit.
Karin MĂŒller-Bauer, Bistum Trier