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3. Sonntag nach Epiphanias / 3. Sonntag im Jahreskreis (22.01.23)

3. Sonntag nach Epiphanias / 3. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Röm 1, 13-17 Jes 8, 23b - 9, 3 1 Kor 1, 10-13.17 Mt 4, 12-23

Ev. Predigtwort: Römer 1, 13 - 17

Bei einem Predigtentwurf zur Perikope des Dritten Sonntags nach Trinitatis gilt es die Einleitungsfragen mit zu bedenken. Sie stellen den Hintergrund-, sozusagen die Grundlage zu den Aussagen am Beginn des Römerbriefes dar, dem die Perikope ent-nommen ist. Anders als die anderen Schreiben des Apostels geht der Römerbrief nicht auf Fragen, Themen oder Vorgänge und Missstände in seinen Missionsgemein-den ein (Korintherbriefe, Galaterbrief), sondern Paulus stellt sich selbst einer Gemeinde im Zentrum des römischen Reiches vor, die er persönlich nicht kennt, aber auf der Durchreise nach Spanien besuchen möchte. Zuvor möchte er anhand seines Briefes, in dem er seine Theologie umfassend vorstellt, seinen Besuch und die Ab-sicht, das Evangelium dort zu verkünden, ankündigen. Im Predigttext geht er auf die heterogene Gemeindesituation ein, die er vorfinden wird, und stellt sich als Schuld-ner aller Christen dar: Einerseits der Judenchristen, die aus ganz anderen geistesge-schichtlichen Wurzeln zehren als die Heidenchristen, sprich: die Griechen. Anderer-seits die Heidenchristen, die sich nochmals in verschiedene Herkünfte diversifizieren, in Griechen und in Barbaren (so wörtlich), in Hochgebildete und Nichtgebildete aus der mediterranen Heimat und den Weiten der Gebiete nördlich der Alpen, in Freie und Sklaven, in römische Bürger und Entrechtete. Diese multiethnische und multi-soziale Gemeinde meint er bei seinem geplanten Besuch vorzufinden und hofft, Ge´-gensätze versöhnen zu können um auf das Wesentliche hinzuweisen, die Botschaft des Evangeliums, das auf Wertmaßstäben gründet, vor denen die im Alltags-geschehen zu jeder Zeit zunächst so wichtig erscheinenden menschlichen Maßstäbe, wie Herkunft, ethnische Zugehörigkeit, Einkommen und Vermögen, sozialer Status verblassen, ja, gänzlich keine Rolle mehr spielen können, denn es geht hier um ande-res. Der Prediger/ die Predigerin am 3. Sonntag nach Epiphanias tut gut daran, auch Unterschiede in der gottesdienstlichen Gemeinde zu benennen, Zugehörigkeiten zu diversen Gruppierungen, zu Parteien oder zu Vereinen, die allesamt trotz der ver-schiedenen Erfahrungen und Weltanschauungen Platz finden in der alle vereinenden Kirche. Denn genau darum geht es und das wird hier ausgesprochen: Um alle! Oder im Singular gesagt: Um jeden! Dabei mag der Anspruch anstößig erscheinen: Denken wir in Zeiten der sich aktuell spaltenden Gesellschaften (USA/ Frankreich) auch an sehr diverse Weltanschauungsfragen und politische Bekenntnisse (Liberale und Linke, Grüne und Rechtspopulisten), die unter den Gemeindemitgliedern diskutiert werden mögen, ja, in der gottesdienstlichen Gemeinde vertreten sein dürften.

Auf Nachhaltigkeit hinterfragt, wird es wohl nur wenige Texte in den beiden Testa-menten geben, die von ähnlicher Relevanz sind: Die Lehre von der Gerechtigkeit aus Glauben, das Ur- Protestantische Bekenntnis, findet hier seinen Ursprung; V. 17 war ausschlaggebend für Martin Luthers Erkenntnis, dass der Mensch durch das Evange-lium gerettet- und nicht verdammt wird, wie er vor seinem „Turmerlebnis" geglaubt hatte, ehe er den tieferen Sinn in Römer 1,17 erkannte und damit die Aussageabsicht des Apostels Paulus von Neuem entdeckte und auf der Grundlage dieser Erkenntnis seine ganze Theologie aufgebaut hatte. Daraus ist eine weltweite Kirche lutherischen Bekenntnisses entstanden (und andere Kirchen haben ihrerseits an dieser Entdek-kung Martin Luthers partizipiert), die trotz sinkender Zahlen an Kirchenmitgliedern in Deutschland ihre Kraft, ihre Sinndeutung und ihren Ausblick aus Römer 1,17 bezieht und aus dessen Herleitung. Und die weiterhin auch alle anderen Predigtperikopen und Bibelstellen auf diesem Hintergrund deutet.

Bei einer Übersetzung des Predigttextes aus dem Griechischen mag der deutsche Begriff „Glaube" durch die andere Übersetzungsmöglichkeit „Vertrauen", die der Aus-sageabsicht des Verfassers näher sein mag, ersetzt werden. Gleichzeitig sei auf die Übersetzung des Genitivs in Vers 17 hingewiesen, wobei Martin Luther – mit der Aussageabsicht des Apostels Paulus übereinstimmend – bei seiner Übersetzung ins Deutsche den Genitivus objektivus wählt: „Gerechtigkeit, die vor Gott gilt".

 

Kath. Predigtwort: Matthäus 4, 12 - 23

In der Evangelienlesung für den Dritten Sonntag des Jahreskreises wird die Alttesta-mentliche Lesung aus dem Jesajabuch (Jesaja 8, 23b – 9,3) aufgenommen und als Reflexionszitat angeführt. Die Perikope ist verortet zwischen der Versuchung Jesu durch den Teufel in der Wüste als matthäischem Sondergut und seinem ersten Wir-ken in Galiläa sowie gleichzeitig der Berufung der ersten Jünger. Durch die Nennung der verlorenen Stämme Israels, Sebulon und Naftali, die 732 v. Christi Geburt durch die Assyrer verschleppt worden waren und das Gebiet um den See Genezareth, das – wie ganz Galiläa, seither auch von vielen Nicht- Israeliten bewohnt wird, kündigt sich Jesu Hinwendung auch zu eben dieser Bevölkerungsgruppe an (vgl. auch V. 24), die universale Auswirkung seiner Botschaft über das israelitische Kernland hinaus.

Der Inhalt seiner Botschaft lässt sich mit nur wenigen Worten auf einen Nenner brin-gen, die Grundlage sind für ihre Entfaltung in der gesamten Verkündigung Jesu, die folgt, nämlich der Aufruf zur Buße angesichts des nahen Himmelreiches. Dieser Aufruf war bereits die Kernbotschaft in der Predigt Johannes des Täufers (Matthäus 3,2), ist Jesu Botschaft nach seinem 40tägigen Fasten in der Wüste (Matthäus 4,17) und ist In-halt der Botschaft der zwölf Jünger nach deren Aussendung „zu den verlorenen Scha-fen aus dem Hause Israel" (dort: „Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen", Matthäus 10,7). Der zugrunde liegende Begriff der Metanoia, also einer transformie-renden Sinneswandlung, wird verschieden ins Deutsche übertragen, in der Luther-übersetzung mit der altertümlich anmutenden Formulierung „tut Buße", in anderen Übersetzungen eher mit „kehrt um" oder – nach meiner Beurteilung besonders treffend – in der auch der Verfilmung des Matthäus Evangeliums von Pier Paolo Pasolini zugrunde liegenden Übersetzung von Fritz Tillman: „Ändert euren Sinn, denn das Himmelreich ist nahe".

Es sei mir als Pfarrer des Augsburger Bekenntnisses gestattet, trotz des Hintergrundes einer Betrachtung für den Dritten Sonntag des Jahreskreises Dr. Martin Luthers Ausle-gung zur Taufe im Kleinen Katechismus anzuführen, den – 500 Jahre lang – Konfir-manden und Konfirmandinnen auswendig lernen mussten, sozusagen als komprimie-rte Glaubensaussagen der Christenheit. Darin antwortet er – natürlich als Kind seiner Zeit – auf die von ihm selbst gestellt Frage: Was bedeutet denn solch Wassertaufen? „Es bedeutet, dass der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten; und wiederum täglich he-rauskommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott ewiglich lebe".

Aus dieser Perspektive betrachtet handelt es sich um bei Jesu Aufruf zur Buße, zur Umkehr, zum Sinneswandel um ein nachhaltiges Geschehen, weil es sich dabei nicht um ein einmaliges Ereignis handelt, sondern um den Anspruch einer immerwähren-den-, einer nicht weniger als täglich geübten Praxis im Leben eines jeden Christenmenschen.

Uwe Hesse, Haina

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